Es sind Initiativen, die Mut machen. Um einen Hof bildet sich eine Gemeinschaft, die hilft, den Boden aus der Spekulation zu befreien und so dem Landwirt die Zinslast zu nehmen.
Es war klar, dass es nicht einfach werden wird, auf den magersten Sandböden Deutschlands nördlich von Berlin eine Solawi (solidarische Landwirtschaft) aufzubauen. Die Gärtnerin Juliette Lahaine und die Landwirte Markus Poland und Martin Meifert bewirtschaften gemeinsam 50 Hektar in der wunderschönen Mecklenburgischen Seenplatte. Kaum hatten die drei das Wagnis begonnen, tauchte ein Problem auf, das zuerst unlösbar schien. Der Eigentümer, auf dessen Flächen sie zwei Drittel ihres Betriebes bewirtschaften, will verkaufen. Doch der Preis für die 33 Hektar ist für den kleinen Betrieb nicht zu stemmen. Mit diesem Problem stehen sie nicht allein da. Als Folge der Spekulation, die seit der Finanzkrise 2008 stark zugenommen hat, haben sich die landwirtschaftlichen Bodenpreise in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Viele Bäuerinnen und Bauern haben es schwer gegenüber landwirtschaftsfernen finanzstarken Investoren oder Biogasbetrieben.
Über den Kontakt zu ‹Kulturland› entstand die Idee, das Land als Genossenschaft zu kaufen. Die für den Kauf notwendigen 360 000 Euro sollten über Genossenschaftsanteile von Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht werden, die ein solches Projekt unterstützen möchten: damit sich wie in diesem Fall junge Menschen mit Gemüsebau, Milchschaf- und Rindviehhaltung eine Existenz aufbauen können. Dass die Jungbauern gleichzeitig aber auch Freude haben an der solidarischen Landwirtschaft, an ihren kulturellen Veranstaltungen, am Aufbau von Bodenfruchtbarkeit und der Wiedererstarkung der Biodiversität, machte das Projekt besonders geeignet. Denn das finden die Genossen wichtig: existenzfähige Betriebe und Engagement für eine lebendige Agrarkultur.
Mit einer breit angelegten Landkauf-Kampagne Ende letzten Jahres konnte der notwendige Betrag innerhalb weniger Wochen aus dem Umfeld des Hofes, aus der Region bis Berlin und sogar von Menschen aus ganz Deutschland gewonnen werden.
Für den Hof in Klein Trebbow war das ein Glücksfall. Der neue Pachtvertrag ist auf Lebenszeit, solange der Hof ökologisch und regional eingebunden bewirtschaftet wird. Zudem wurde ein Vorkaufsrecht verankert, falls die Genossenschaft irgendwann Land verkaufen müsste. Der Clou: Auch dann bleibt ein höherer Spekulationspreis ausgeschlossen, denn die Klein-Trebbower könnten das Land zum jetzigen Preis kaufen. «Das ist für uns eine sichere Geschichte», sagt Jette. «Da kann man eigentlich gar nichts falsch machen.» Mit dem neuen Pachtvertrag haben sie endlich Planungssicherheit und können in die kargen Böden investieren. Jetzt wird der Hof auch offiziell umgestellt auf ökologische Landwirtschaft. Die begonnene solidarische Landwirtschaft kann weiter wachsen. 65 sogenannte Mitbauern aus der Umgebung haben schon im ersten Jahr den Weg zum Hof gefunden, für 100 Menschen könnten sie produzieren.
Die 2014 entstandene Kulturland-Genossenschaft will Agrarland aus der Spekulation befreien. Dafür erwirbt die Genossenschaft Flächen und verpachtet sie zu günstigen Konditionen an ihre Partnerhöfe. Eine moderne Form der Allmende.
Vier Jahre nach ihrer Gründung hat die Genossenschaft nun viele Elemente entwickelt, mit denen sie Partnerhöfe flexibel unterstützen kann: Die Lösung mit einer Kommanditgesellschaft, bei der die Landwirte als Komplementär aktiv sind, ermöglicht den Landkauf im Einklang mit dem Grundstücksverkehrsgesetz. Der oben erwähnte Pachtvertrag erlaubt ebenso wie der Erbbaupachtvertrag die langfristige Sicherung von Land und sogar Gebäuden.
Besonders stolz sind die Vorstände Titus Bahner und Stephan Illi sowie Kampagnenleiter Thomas Rippel auf das 2018 entwickelte Kampagnenformat. Dabei startet nach monatelanger Vorbereitung, dem Erstellen von Filmen und einer Kampagnen-Website an einem Stichtag eine Landkauf-Kampagne. Schon beim Pilotprojekt Luzernenhof in der Oberrheinebene gelang es dabei, mit Aktionen wie Pressekonferenz und Facebook-Werbung innerhalb weniger Tage im Raum Freiburg i. B. und sogar in ganz Baden-Württemberg Aufmerksamkeit zu erlangen. So konnten innerhalb von nur vier Wochen die notwendigen 580 000 Euro zur langfristigen Sicherung von Stammflächen und Gebäuden gewonnen werden. Dies hatte zu Beginn der Kampagne niemand für möglich gehalten. Für den biodynamisch bewirtschafteten Luzernenhof war es ein extrem wichtiger Schritt, um den Hof und die Gemeinschaft langfristig zu stabilisieren und durch die Bekanntheit in der Öffentlichkeit genügend Ernteteiler zu gewinnen.
Neben solidarischen Landwirtschaften eignet sich das Kampagnenformat auch für Landkäufe von Betrieben mit Direktvermarktung oder auch ökologischem/ sozialem Engagement: z. B. für Schulbauernhöfe oder im Naturschutz aktive Höfe.
Die Vorstände der Kulturland-Genossenschaft freuen sich über viele weitere neue Genossen und auch neue Landkaufprojekte. Denn der Ansatz, Höfe mit ihrem Umfeld zu vernetzen und dadurch gemeinsam sogar Probleme wie die Sicherung von Land angehen zu können, ist ein hoch aktuelles Thema und passt zum 100-jährigen Geburtstag des Dreigliederungsimpulses. Und dieser Ansatz kann Mut machen und zeigen: Gut wirtschaftende Demeter- und Biohöfe stehen heute nicht mehr allein da. Wir stehen erst am Anfang einer Bewegung, die Höfe und Bürger auf kreative Weise zusammenführt und dabei nicht nur den Höfen hilft, sondern auch Bürgern zeigt, wie gemeinsam Impulse für eine enkeltaugliche Welt umgesetzt werden können.
Bild: Trebbow