Wer jetzt fragt, was die nächsten zwölf Monate bringen, der oder die bekäme kaum Antwort. So eröffnete Ueli Hurter eine kurze Ansprache an die wöchentliche Versammlung der Mitarbeitenden in weitem Stuhlkreis.
Er wisse es weniger, das Goetheanum wisse es weniger, wisse weniger von der kommenden Zeit als vor dem März. Die Coronakrise mit dem Grounding des gesellschaftlichen Lebens habe auch das Goetheanum erschüttert. Die Arbeitsform, dass Menschen aus allen Teilen der Welt zu Beratung und Inspiration ans Goetheanum kommen, habe von einem Tag auf den nächsten aufgehört zu existieren. «Anthroposophie lebendig zu halten, mit dem Umkreis und den Sachfragen, das ist uns aus den Händen geschlagen worden.» Da seien wir in der gleichen Lage wie an allen anderen Orten der Erde. Wie bei einer Lawine, wo es zwar Anzeichen gab, die man aber nicht zu deuten fähig war, sondern erst rückblickend begreife, so sei man überrascht und doch gewarnt gewesen. Jetzt gehe es darum, sich neu zu sortieren und zu begründen, so Hurter.
Was ist unser Auftrag, unser ‹Mission Statement› des Goetheanum? Es sei gut, an die vielen Menschen zu denken, die gestorben sind, sich bewusst zu werden, dass das Goetheanum nicht mehr in der gleichen Welt steht wie im Februar. Wird jetzt alles anders oder soll sich möglichst wenig ändern? In dieser Spanne pendle man. Es sei die Frage danach, was sterben und was geboren werden wolle. Das könne man sich intim selbst fragen, es sei aber auch eine gemeinschaftliche Frage. Deshalb habe die Goetheanumleitung zwei Klausuren, unter anderem während der ausgefallenen Generalversammlung, durchgeführt. Wie steht es um die Wissenschaftlichkeit der Hochschule? Wird Wissen und Tun im eigenen Bereich hervorgebracht und verantwortet oder verwalten wir Glaubenssätze? Diese Frage sei im Habitus des Goetheanum nicht vollständig geklärt, so Hurter. Angesichts der Engführung der Wissenschaft mancher Virologen und Epidemiologen gelte es umso mehr, als anthroposophische Wissenschaft dialog- und anschlussfähig zu sein. ‹Leben schützen und fördern›, an diesem Thema wolle man in der Gemeinschaft der Sektionen diese wissenschaftliche Gesinnung der Hochschule prüfen und entwickeln.
Bild: Bienenstöcke von der Naturwisseschaftlichen Sektion auf dem Goetheanum-Gelände. Foto: Sofia Lismont