Der Autor Albert Vinzens erkundet in verschiedenen Schichten des Menschlichen die gesellschaftlichen und seelischen Fragen unserer Zeit. Sein Buch ist eine Einladung, mitzuerkunden. Ernsthaft und heiter zugleich.

«Ich habe den Eindruck, dass es wieder mehr Schmetterlinge gibt.» So beginnt eine der 24 Kolumnen, die sich in dem Büchlein versammelt haben. Dieser Satz könnte auch für sich allein stehen – wie eine Poesie, die aus genauer Beobachtung der realen Tatsachen und der Suche nach einer unprätentiösen Sprache entsteht. Albert Vinzens ist jedoch von Haus aus Philosoph und Historiker, und so werden Lesende in den drei, vier Seiten kurzen Essays auch durch eine beobachtete Seelen- und Gedankenwelt geführt. Außen und Innen kommen zusammen. Mit dem beherzten Anliegen, sich selbst nicht auf den Leim zu gehen, erzählt er über Dinge des Alltags, an denen das Nichtalltägliche zur Erscheinung kommt. Zwischendrin tauchen zum Beispiel Bruno Latour und sein ‹Terrestrisches Manifest› auf oder ein Traum von Abraham Lincoln am Gründonnerstag 1865 oder Gustav Landauer, der Martin Buber ob seiner Kriegsbejahung eines Besseren belehrt, oder Hildegard von Bingens ‹Grünkraft›. Mit ihnen und mit Menschen in weltlichen Situationen hinterfragt Vinzens unsere uns so selbstverständliche Welt. Was wäre ‹suffizientes Wirtschaften›? Wie will ich dem Nachbarn am Gartenzaun begegnen? Was ist die Macht der Hafermilch? Oder wie wichtig ist Political Correctness? Manchmal muss man herzhaft lachen, manchmal fühlt man sich ertappt, immer jedoch bleibt ein liebevoller Duktus in Vinzens’ Sprache, der nicht verurteilt, sondern für Zusammenhänge und Bezüge öffnet, in denen wir als gesellschaftliche Wesen stehen. Gleichzeitig lerne ich als Leserin dazu, denn der Autor verfügt über ein großes Allgemeinwissen, nicht nur, was Philosophinnen und Soziologen betrifft, sondern auch im Feld der Naturwissenschaft, in Kunstgenres und Psychologie. Schöne Anekdoten verweben sich mit eigenen Gedanken und haben am Ende einer jeweiligen Episode einen Raum bereitet. Diesen kann nun betreten, wer möchte und mit wem. Die Texte laden ein, laut gelesen zu werden und mit anderen darüber weiter ins Gespräch zu gehen. Aber sie sind auch wie ein Sahnebonbon, dessen Nachgeschmack mich allein, aus dem Fenster blickend bei einem Tee, noch eine Weile trägt und einen Ruhemoment ermöglicht. In dem kann ich meine Gedanken und Gefühle schweifen lassen, um womöglich selbst in mir den Himmel im Leben zu entdecken. Wer so etwas verschenken wollte, fände in diesem Büchlein eine gute Möglichkeit.
Buch Albert Vinzens: Wundersame Zusammenhänge. Den Himmel im Leben entdecken. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2024.