Erkennen geht durch die Temperamente. Erst suchst du auf allen Wegen, du brauchst sanguinische Luft. Dein Phlegma schenkt dir die Beharrlichkeit, und die Cholerik hilft dir, Widerstände zu bezwingen. Wie ein Echo der Erkenntnis folgt die Melancholie. Sie lenkt deinen Blick in die Tiefe und spendet Demut: Du erkennst, was du noch nicht weißt, welche neuen Fragen hinter den Antworten warten. So mag es dem Quantenphysiker Werner Heisenberg gegangen sein, als er am Ende seines Buches ‹Der Teil und das Ganze› sinniert, dass die alten Griechen, die vorsokratischen Naturphilosophen (physikoi), schon besser gewusst hätten, was Atome, griechisch ‹atomoi›, seien. Tatsächlich: ‹Alles fließt!› lautet die Weltformel von Thales und ‹Alles stammt aus dem Feuer› ist das Credo von Heraklit. Vor hundert Jahren schoss der Physiker Ernest Rutherford Teilchen auf eine Goldfolie und zeigte, dass im klassischen Atommodell die Materie vor allem aus Leere besteht. Albert Einsteins Formel E = mc2 sagt: Masse ist Energie, alles ist Feuer! Vor 60 Jahren fand man als Modell, was Demokrit das Unteilbare nennt: die Quarks. Drei von diesen Urbausteinen bilden ein Proton und besitzen, so die überraschende Rechnung, nur 0,2 Prozent der Masse des Protons, die restlichen 99,8 Prozent sind Bindungsenergie. Hier könnte Thales nicken und sagen: Alles ist Wasser! Denn Wasser verbindet, Wasser ist Beziehung.
Illustration Nina Gautier, 2025