«Wie können wir über biologisch-dynamische Landwirtschaft so sprechen, dass jeder Landwirt und jede Landwirtin sie versteht?» Das fragt Liron Israeli, Gründer des Zentrums Adama Haya in Israel. Im Sommer wurde er vom israelischen Landwirtschaftsministerium und dem Landwirtschaftstag des israelischen Parlaments für den ‹Future of Farming›-Preis ausgewählt. Franka Henn sprach mit ihm über seine Vision.
Willkommen, Liron! Ein Motto von dir ist: «Die Lage ist nicht gut, aber wir sind hier, um das Gute zu tun.»
Stimmt, es gibt keinen anderen Weg.
Bitte erzähl uns, wofür du dich engagierst.
Ich hatte vor zehn Jahren den Impuls für das Zentrum Adama Haya (hebräisch: ‹lebendige Erde›)1, weil ich selbst Landwirt war und einen Beitrag zur Umwandlung der Landwirtschaft leisten wollte. In Israel ist die landwirtschaftliche Kultur zerrüttet. Unser Zentrum und Geschäft besteht aus verschiedenen Teilen. Wir produzieren landwirtschaftliche Produkte, vor allem Saatgutmischungen für Zwischenfrüchte. Wir stellen auch Präparate und Rührgeräte für den biodynamischen Bedarf her. Dann haben wir eine Aus- und Weiterbildung, die mittlerweile als Berufsausbildung anerkannt ist. Das heißt, wer in Israel Landwirtschaft studiert, kann sogar Subventionen für die biologisch-dynamische Ausbildung erhalten. Der dritte Bereich ist Forschung, die sich durch mein Masterstudium und die Promotion in Agrarökologie entwickelt hat. Wir haben auch ein kleines Labor für Chromatografie2 und beteiligen uns an Forschungs-, Ausbildungs- und Beratungsformaten für die Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum und den Verband Biodynamic Federation Demeter International.
Wie offen ist die Zukunft der biodynamischen Landwirtschaft in Israel?
Ich bin optimistisch, obwohl der Impuls hier noch nicht ganz erwacht ist. Ich glaube, das liegt an der fehlenden bäuerlichen Kultur in diesem Einwanderungsland und der Verdrängung der lokalen Geschichte, vor allem der Traditionen der Hirten. Industrialisiert, mechanisiert, chemisch – das waren die Kennzeichen der israelischen Landwirtschaft. Es gab kein ganzheitliches Verständnis für die Arbeit mit der Erde. Erst in den letzten Jahren sind die globalen Gesundheits- und Umwelttrends mehr angekommen. Doch Israel ist eines der wenigen Länder der Welt, in denen der ökologische Landbau rückläufig ist: Jedes Jahr haben wir weniger ökologische Anbauflächen. Wir brauchen ein stärkeres kulturelles und wissenschaftliches Fundament, um der hoch mechanisierten, wissenschaftlich begründeten konventionellen Landwirtschaft die Stirn zu bieten. Unsere Arbeit begann, als ich andere gute Biobauern und -bäuerinnen traf, die das Gefühl hatten, dass der ‹normale› Biolandbau für sie nicht ausreichend war. Sie waren auf der Suche nach dem nächsten Schritt. Wir konnten nicht von perfekten biodynamischen Betrieben träumen, weil es hier absolut nichts gab, was sie unterstützt hätte. Wo sollte ich Kuhhörner finden? Wie könnte ich lernen, Präparate herzustellen, ohne Beispiele eines Hoforganismus in meiner Klimazone? Meine Idee war also: Lasst uns mit den Interessierten zusammenarbeiten, die ihren nächsten Schritt suchen, und das Ganze aus unseren eigenen Fragen heraus entwickeln.
Wie ist die Geschichte der Biodynamik in Israel?
Die ersten Anhaltspunkte, die ich im nordamerikanischen biodynamischen Journal fand, sind von 1945 und der Artikel war betitelt: ‹Biodynamik in Palästina›. Auch ist bekannt, dass Ita Wegman in den 30er-Jahren in Palästina war. Es waren also Samen da, die aber kaum genauer aufgezeichnet sind. In den späten 60er- bis 70er-Jahren gab es in Jerusalem eine Studiengruppe von Eltern, die junge pflegebedürftige Kinder hatten und später die therapeutische Gemeinschaft Kfar Rafael bei Beersheva in der Wüste gründeten. Sie arbeiteten in einem gewissen Maß mit biodynamischer Landwirtschaft. In den 80er-Jahren wurde Harduf gegründet, eine Art anthroposophischer Kibbuz, der auch landwirtschaftlich arbeitete. In den 90er-Jahren gab es fünf Demeter-zertifizierte Projekte in Israel, Harduf eingeschlossen, aber sie sind alle wieder geschlossen worden oder eingeschlafen. Als ich 2013 damit begann, Biodynamik in Israel wieder aufzuwecken, gab es keine andere Aktivität mehr. Heute gibt es ungefähr zehn biologisch-dynamische Höfe und insgesamt etwa 30 Initiativen auf dem Weg, darunter Stadtgärtner, Waldorfschulgärten, lokale Weingüter, ein paar Exportfarmen, und Gemüsehöfe mit solidarischer Landwirtschaft (siehe Karte rechts). Außerdem ist der Biohof in Harduf in den letzten Jahren wieder daran, biodynamische Praktiken zu entwickeln, und er bietet jetzt auch eine Art Ausbildung an.
Wie hast du die biologisch-dynamische Landwirtschaft kennengelernt, wenn es keine Höfe in Israel gab?
Ich war ein israelischer Biobauer, der eine deutsche Frau, eine Anthroposophin der zweiten Generation, heiratete und die Biodynamik über ihre Familie kennenlernte. Ich würde mit einem Augenzwinkern sagen: Es war Karma. Als ich Harduf, eine der frühen anthroposophischen Gemeinschaften in Israel, besuchte, hatten sie einen Biohof, aber sie praktizierten die Biodynamik nicht mehr wirklich. Es gab jedoch einen Anthroposophie-Dozenten, der eine Studiengruppe zu Rudolf Steiners ‹Landwirtschaftlichem Kurs› gegründet hatte. Wir waren vier Leute, die in seinem Keller saßen und studierten. Zur gleichen Zeit hatte ich auf dem Biohof, auf dem ich arbeitete, einen Freiraum, um alles direkt auszuprobieren. So war mir eine freie biodynamische Ausbildung möglich. Für manche Praktiken, wie die Präparate, reiste ich in andere Länder und fand Höfe, auf denen ich mich weiterbilden konnte. Eine meiner besten Mentorinnen ist Briony Young von der Tablehurst Farm in Großbritannien. Später gab es in Harduf einen Anlauf, eine biodynamische Ausbildung zu entwickeln, aber es kam nicht zustande. Da fiel bei mir der Groschen: «Wir müssen einen eigenen Weg gehen.»
Zu dieser Zeit war ich völlig eingetaucht: Ich studierte Steiners Vorträge, nahm an einem Studienjahr Anthroposophie teil, experimentierte auf meinem eigenen Hof, besuchte eine kurze biodynamische Ausbildung, sammelte Wissen von erfahrenen Menschen im Ausland und baute meine eigene biodynamische Bibliothek auf. Ich rief einen Kollegen, Yarden Shachaf, an und stellte ihm meine Recherchen und Ideen zur Gründung einer praktischen Studiengruppe vor. Er und seine Frau studierten Agronomie an der Universität und waren damit nicht zufrieden. Sie waren bereit, etwas auf ihrem Biohof auszuprobieren. Wir hatten kein kohärentes Programm, nur die Leitfrage: ‹Wie können wir biologisch-dynamische Landwirtschaft zugänglich und relevant machen und so sprechen, dass jede Landwirtin, jeder Landwirt sie versteht?›
Rückblickend kann ich sagen, dass das Leben mir die biologisch-dynamische Landwirtschaft auf eine sehr authentische Weise beigebracht hat und ich sie so verinnerlicht habe. Heute bin ich mit vielen anthroposophischen Initiativen in Israel verbunden: Ich gebe Einführungen für Kollegien an Waldorfschulen, schreibe seit sechs Jahren eine regelmäßige Kolumne im hiesigen Anthroposophie- und Waldorfmagazin. Gelegentlich arbeite ich auch mit anthroposophischen Köchen, Köchinnen und Ärztinnen, Ärzten zusammen. Mir begegnet eine große Neugier von Menschen, die schon lange Anthroposophie studieren und mehr über die biodynamische Landwirtschaft wissen wollen.
Nach einem Studium in Agrarökologie und einer eher autodidaktischen Ausbildung in biodynamischer Landwirtschaft hast du also eine eigene Gruppe gegründet, die du bis heute als eine Ausbildungsgruppe leitest. Wie sah das aus?
Ja. Wir begannen also in Amikam auf der Farm Salsila mit Ella und Yarden Shachaf, denen die Farm gehört. Aber sie hatten keine Kühe: Woher sollten wir Hörner für Präparate nehmen? Ich machte einen guten Schlachthof ausfindig, einen kleinen Familienbetrieb, der seine eigenen Kühe aufzieht und schlachtet. Sie zeigten mir alle inneren Organe und brachten mir bei, zu erkennen, ob eine Kuh gesund ist und mit Gras gefüttert wurde. Obwohl die Kühe nicht von einem biodynamischen Betrieb oder unserem eigenen Hof stammen, ist es unsere bestmögliche Option. Seitdem haben wir eine zehnjährige Partnerschaft aufgebaut. Wir haben mit nichts angefangen und jetzt stellen wir jedes Jahr genug Präparate für 250 Hektar Land her. Wir können die Präparate in kommerziellem Maßstab herstellen, groß genug für jede Art von Betrieb in Israel – und es gibt Luft nach oben. Wer mit uns zusammenarbeitet, kann sehen, dass es in einem ökonomischen Umfang möglich ist. Das war entscheidend, um die Biodynamik in landwirtschaftlichen Betrieben zu einer sichtbaren und praktischen Realität zu machen.
Was die Infrastruktur für unsere Ausbildungs- und Studiengruppe betrifft, so handelte es sich einerseits um eine unabhängige Arbeit vor Ort und andererseits um einen ständigen Dialog und die Beobachtung dessen, was außerhalb Israels in der Bewegung geschieht. Die englischsprachigen Lehrmaterialien der britischen und us-amerikanischen Verbände waren eine große Hilfe, ebenso die verschiedenen Treffen im Ausland, zum Beispiel mit dem indischen Verband.
Es klingt kühn, direkt nach dem Studium eine eigene Ausbildung umzusetzen und ein Geschäft aufzubauen. Woher kommt dein Mut?
Ich sehe es als ein lebenslanges Labor: Alles, was ich tue, ist aus meinem eigenen Studieren entstanden. Das Bedürfnis, zu kommunizieren, was ‹biologisch-dynamisch› ist, lässt mich verstehen, welche Fragen Menschen haben. Ehrlich gesagt, ist es immer noch meine laufende Forschung. Es war nicht meine Absicht, andere zu unterrichten. Ich sage allen, die sich unserer Gruppe anschließen: Es geht nicht darum, dass ich lehre – wir sind eine praktische Studiengruppe, die die Biodynamik in unserer Region kennenlernen und umsetzen will. Je mehr Fragen mir gestellt werden, desto mehr lerne ich selbst darüber. Nach einigen Jahren nehme ich heute neue Teilnehmende zu den Projekten der Alumni mit und auf diese Weise können wir die biodynamische Arbeit aus vielfältigen Perspektiven sehen.
Klar, die Lernenden lehren immer den Lehrenden! Trotzdem …
Ja, man möchte etwas, bei dem sich Menschen treffen, lernen und Fähigkeiten entwickeln, eine ‹Ausbildung› nennen. Ich habe organisiert und Material für Menschen zugänglich gemacht, die eine ‹nichtanthroposophische› Sprache sprechen, wobei ich mich eng an Steiners Landwirtschaftskurs halte. Langsam kommen immer mehr Menschen dazu, und ich bin froh, Kolleginnen und Kollegen zu haben, von denen sich einige nun in den Forschungsprozess einbringen. Bisher habe ich Gleichgesinnte nur bei den großen Tagungen der Landwirtschaftlichen Sektion in Dornach oder letztes Jahr in Simbabwe3 getroffen. Das ist meine biodynamische Familie, aber jetzt merken auch Leute in Israel, dass etwas gewachsen ist. Ein neues Interesse ist geweckt.
Wie schaffst du es, auch tiefste Anthroposophie, wie die Präparate, so zu vermitteln, dass Menschen außerhalb der Szene nicht vertrieben werden, sondern sich dafür interessieren?
Es ist die Geste, die in mir gewachsen ist: Ich möchte es zugänglich machen. Ich sage manchmal, es sei mein Hobby, Menschen aus der konventionellen Agronomie die Biodynamik näherzubringen. Sie bringen mich wirklich zum Nachdenken und zur Konkretisierung – es ist eine Einstellungssache. Sie verstehen es, man muss es nur in ihren Worten sagen. Ich dränge mich ihnen nicht ideologisch auf. Ich treffe sie als Menschen in verschiedenen Kontexten und sehe ihren individuellen Weg. Es ist wie die Frische einer Brise über jungem Gras, die auf den Geruch eines reichen Waldbodens von alteingesessenen Bäumen trifft.
Du hast einen wissenschaftlichen und praktischen Hintergrund als Landwirt. Hattest du das Bedürfnis, zwischen den Kontexten zu vermitteln?
In gewisser Weise ist das meine eigene Geschichte, die sich immer zwischen verschiedenen Sprachen und Kulturen bewegte. Als ich den ‹Landwirtschaftlichen Kurs› zum ersten Mal las, hatte ich schon einen Hintergrund in Ayurveda, traditioneller indischer Medizin. Steiners Vorträge waren für mich das vedische Wissen in einer anderen Sprache ausgesprochen.
Wenn man diese Inhalte selbst vermittelt, muss man wahrnehmen, wo das Gegenüber steht. Das ist die elementarste Regel der Kommunikation. Man muss sich selbst nicht vergessen, aber in einem Gespräch sollte man versuchen, den anderen Menschen zu verstehen. Dann können die Leute dich auch besser verstehen, selbst wenn du etwas tust, was sie nicht kennen. Sie können es als eine neue Perspektive wahrnehmen und es muss nicht konfliktreich sein. Deshalb sage ich auch, dass alle in unserer Studiengruppe auch mich lehren. Durch die Fragen lerne ich ständig, das, was ich erforscht habe, mit einem neuen Blick zu sehen. Die Wahrheit hat keinen Namen, es gibt unendlich viele Perspektiven auf sie, und wir müssen sie immer wieder neu begreifen.
Du scheinst in allen deinen Arbeitsbereichen Brücken zu bauen. Bemühst du dich darum, in mehreren Welten zu Hause zu sein?
Das ist ein zentrales Prinzip. Wenn man nur dem spirituellen Gestus folgt, verliert man das Gleichgewicht. Folgst du nur der materialistischen Geste, verlierst du auch das Gleichgewicht. Wenn man in der Welt stabil sein und mit ihr arbeiten will, braucht man beides. Das ist mein Weg. Ich promoviere an der Universität Tel Aviv und bei der israelischen Agrarforschungsstation und möchte wissenschaftlich arbeiten können. Andererseits beschäftige ich mich intensiv mit der spirituellen Seite und suche nach Wegen, um Biodynamik von Grund auf zu entwickeln. Nur wenn ich mit diesen beiden Zielen arbeite, bin ich im Gleichgewicht.
Für mich klingt das nach einem Anspruch für uns alle, die mit Anthroposophie arbeiten: Der Materialismus ist in unserer Zeit so groß, dass da schon ein Ungleichgewicht besteht. Aber von der anderen Seite betrachtet sind wir alle in diese Welt, in unsere Zeit hineingeboren, ob wir uns mit ihrem (Un-)Geist identifizieren oder nicht. Es ist unsere Aufgabe, an dieser Welt oder Kultur interessiert zu sein und unser Interesse als Brücke der Kommunikation zu nutzen.
Das ist die Hauptsache. Nicht: ‹Wo bin ich?›, sondern: ‹Wo bist du?›. Ich beobachte bei vielen Menschen, die sich für Anthroposophie interessieren, dass sie es großartig finden. Aber sie halten sich an dem Buch fest. Dann wird es zu einer anderen Geste: Es ist nicht lebendig, es ist nicht flexibel, weil es etwas ist, woran man sich festhält. Die große Herausforderung besteht darin, loszulassen und sich zu sagen: Es ist überall da. Um dorthin zu gelangen, muss man es sich zu eigen machen und authentisch damit umgehen.
Was heißt das praktisch für dein Unternehmen?
Wie kann ein Hoforganismus in der sehr mechanisierten, industrialisierten israelischen Landwirtschaft existieren? Wir müssen nicht nur einen Hof haben, sondern es ist unsere eigentliche Aufgabe, den ganzen Organismus zu heilen. Es gibt nicht die eine Lösung – wir schauen uns jede Situation an und fragen, was die beste Heilung ist, die wir anbieten können. Wie bei den Kuhhörnern von dieser Metzgerei: Es ist nicht ideal, es ist nicht wie auf einem deutschen biodynamischen Hof. Aber aus meiner Sicht ist es die beste Möglichkeit, die wir im Moment haben, bis aus unserer Praxis heraus etwas Besseres entsteht. Unsere Höfe sind noch keine geschlossenen Kreisläufe. Aber unser Miteinander, unsere lokale Kooperation ist in gewisser Weise der soziale Organismus. Wir arbeiten zusammen und teilen zwischen den kleinen und mittleren Betrieben. So entsteht eine lokale Kultur. Wir haben sehr lange gebraucht, um auf unserem Hof biodynamischen Kompost von Tieren herzustellen, die so nah und so natürlich wie möglich bei uns leben. Jetzt bieten wir jedem kleinen Betrieb, der biodynamischen Kompost benötigt, diesen an. Wenn jemand mit Präparaten auf seinem Land beginnen will, helfen wir ihm, indem wir Präparate bereitstellen. Später helfen wir ihm, eigene Präparate herzustellen und den Kreis auf seinem Hof zu schließen. Niemand aus Europa hätte uns diese lokalen Lösungen mit Vorträgen über biologisch-dynamische Landwirtschaft vorgeben können. Es wächst mit den Menschen hier. Wir finden kreative Lösungen und bauen eine echte lokale biodynamische Kultur auf.
Das Zentrum Adama Haya unterstützt die Verwandlung oder Heilung der Landwirtschaft allgemein. Im Laufe der Jahre habe ich erkannt, dass wir mehr biologische Landwirtschaft brauchen, um in der Zukunft mehr biologisch-dynamische Landwirtschaft zu haben. Aber wir haben sehr wenig. Um mehr ökologische Landwirtschaft zu haben, müssen wir mehr konventionelle Landwirtschaft haben, die nachhaltiger werden will. So arbeiten wir mit dem gesamten Spektrum. Ich rate nicht zum Einsatz von Chemikalien oder Herbiziden, aber wenn konventionelle Landwirtinnen oder Landwirte kommen und sagen, dass sie einen nächsten Schritt nach vorne machen wollen, bin ich für sie da. Eine einfache, aber umfangreiche Maßnahme, die wir bieten, ist der Einsatz von Zwischenfrüchten zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit. Niemand in Israel hat Saatgutmischungen für Gründüngung bereitgestellt. So haben wir das gemacht, und mittlerweile arbeiten wir mit 170 Betrieben in ganz Israel zusammen und haben im letzten Jahr 70 Tonnen Saatgutmischungen produziert. Wie ich vorher gesagt habe: Wenn man Zugang schaffen will, muss man zuhören, was gebraucht wird, und Wege finden, es verfügbar und relevant zu machen.
Was ist dein Ziel für die Zukunft?
Nach einem langen Weg, auf dem ich die bäuerliche Arbeit beendet habe und Ausbilder und Berater geworden bin, arbeite ich jetzt mit anderen daran, einen biodynamischen Hof aufzubauen. Die Transformation braucht Zeit insgesamt. Aber wir möchten vorangehen und einen vollständigen, integrierten biodynamischen Betrieb schaffen. Das ist eine riesige Herausforderung, aber wir haben in den letzten zehn Jahren bereits einen weiten Weg zurückgelegt. Die Entwicklung eines biodynamischen Betriebs wird jetzt möglich, weil wir gute Beziehungen zu Fachleuten im Ausland haben, die am Kauf von Produkten interessiert sind, und zu Kolleginnen und Kollegen im Inland, die am lokalen Markt interessiert sind. Es ist eine echte soziale Arbeit. In gewisser Weise knüpft das an meine Familiengeschichte mit der Kibbuz-Bewegung an: Wir sind eine Gemeinschaft, die ein größeres Stück Land besitzt und versucht, dort ihre eigene Einheit zu schaffen, kollektiv zu arbeiten, aber jetzt mit einer höheren Vision.
Danke für das Gespräch und viel Glück für die Zukunft!
Titelbild Liron Israeli (links) mit einem Teilnehmenden der biodynamischen Ausbildung bei der Präparateherstellung. 18. April 2023 in Amikam, Salsila Farm.
Alle Fotos: Franka Henn
Footnotes
- Zu Liron Israelis Unternehmen Adama Haya Center: Adama Biodynamics.
- 2. Biodynamic Research Conference 2021: Auf Youtube unter ‹Parallel Session_Chromatography (BDRC 2021)›.
- 3. Bericht vom Ausbildungsworkshop der Sektion in Simbabwe: African Biodynamic Trainers Workshop 2022 Report.
Aber sie halten sich an dem Buch fest. Dann wird es zu einer anderen Geste: Es ist nicht lebendig, es ist nicht flexibel, weil es etwas ist, woran man sich festhält.
—
Es heisst ja nicht: Von Buch zum Ohr, sondern: Von Mund zu Ohr. Das Buch wurde irgendwann gemacht, diese Bücher (zunächst waren es Schriftrollen) waren sehr, sehr teuer und selten, aber nach ein paar Jahrhunderten wurden sie etwas günstiger und weniger selten. Dennoch wurden die Gesänge weiterhin mündlich dargeboten, zum Teil auch vor riesigem Publikum, in den grössten Theatern und Stadien der Welt! Näheres findest Du im Dialog Ion von Platon, wo das beschrieben wird. Ion liest nicht aus einem Buch vor, der weiss das alles auswenig! Jedes Wort! Und er erzählt das vor vielen tausend Leuten, die dabei ihre Augen schliessen und auch zu blinden Sehern werden, denn sie sehen ja nichts und sehen trotzdem in Wirklichkeit alles, nur durch die Erzählung. Ich zitiere mal aus dem dritten Gesang der Odyssee, das kennst Du sicherlich, bei uns wird allerdings noch Gold von aussen an das Kuhhorn drangemacht, muss man erst mal haben, so viel Gold, ich zitiere nach Voss:
Dir will ich opfern ein jähriges Rind, breitstirnig und fehllos,
Unbezwungen vom Stier, und nie zum Joche gebändigt:
Dieses will ich dir opfern, mit Gold die Hörner umzogen!
Homer – Odyssee, Dritter Gesang, Vers 382 bis 384.
Das ganze ist jetzt nicht so irre kompliziert wie in der Ilias sondern viel zugänglicher wenn man mit der Odyssee anfängt.
Die Schnösel wollen natürlich lieber die Ilias, keine Angst, viele verstehen kein Wort, dann kann man man auch einfach erst die Odyssee lesen und Spass haben, sieht so aus als ob Guenther Wachsmuth sehr viel Spass hatte mit der Odyssee, es finden sich Referenzen dazu in Wachsmuths Schriften der 20er Jahre, Schriften, die Steiner garantiert kannte, als er zusammen mit Wachsmuth die ersten Kuhhornexperimente durchführte. Ohne Wachsmuth keine landwirtschaftlichen Präparate, ohne Odyssee kein Kuhhorn, so ist das eben.
Super! Ich werde mir heute Abend auch Gold auf die Hörner machen und ins Dorf in die Disco gehn! 😄