Drei Töchter hat der König Lear – drei Töchter, das ist ein Mythos: Sind es in Griechenland die Moiren, die Töchter von Nyx, der Göttin der Nacht, so werden daraus in Rom die Parzen, die Schicksalsgöttinnen.
‹Die drei Schwestern› heißt ein Märchen der Brüder Grimm, heißen das Jugendwerk von Jane Austin und das Drama des russischen Dichters Anton Tschechow. So wie zwei Brüder Rivalität bedeuten, so entfalten drei Schwestern einen Kosmos. In der Inszenierung von ‹King Lear› am Goetheanum spielen die drei Jugendlichen Anna-Sarah Waterstraat, Yamila Klingler und Ludowika Held dieses All. In der Jungen Bühne der Regisseurin Andrea Pfaehler haben sie Schauspiel und Sprache erobert, in der ‹Faust›-Inszenierung als Helena, Lieschen und Gretchen dann großem Publikum gezeigt und nun spielen sie die Töchter des Königs: Goneril, Regan und Cordelia. Was für eine biografische Spanne: Zusammen bringen sie nicht so viel Jahre zusammen wie Urs Bihler, der King Lear, ihren Vater, spielt. «Oh Vater, werd gesund. Lass diese Lippen dir Heilung bringen», diese Worte spricht die jüngste Tochter Cordelia aus, nachdem sie, von ihm selbst verbannt, ihn wieder findet. Diese Sätze sind Yamila Klingler – sie spielt Cordelia – am wichtigsten: «Anstatt wütend oder enttäuscht auf ihn zu sein, geht sie liebevoll auf ihn zu. Das finde ich sehr berührend und ich sehe darin, wie sehr sie ihren Vater liebt und was für ein verzeihender Mensch sie ist. Sie vergibt ihm – einfach so.»
Bild Anna-Sarah Waterstraat, Yamila Klingler, Ludowika Held. Foto: Wolfgang Held