Vom Wert des Lernens

In der Herbstausgabe von ‹Vorhang Auf› nimmt sich die Redaktion ein sensibles Thema vor: Urvölker Nordamerikas. Die Zeitschrift für Eltern und Kinder hat sich damit auf einen Weg des Neuverstehens und Beschreibens begeben, den Dialog gesucht und ein wertvolles Produkt geschaffen.


Bild: Titelbild ‹Vorhang Auf› Nr. 132

Es ist bereits das 132. Heft, das die ‹Vorhang Auf›-Redaktion auf den Weg bringt. Schon vier frühere Hefte (1990, 1996, 2003, 2014) waren dem gleichen Thema gewidmet – damals aber noch mit dem I-Wort überschrieben. Der Gründer von ‹Vorhang Auf›, Eckehard Waldow, schreibt, an die Eltern gewandt: «Die Inhalte unseres Bewusstseins ändern sich mit jeder neuen Wahrnehmung und jedem neuen Gedanken. Dieser Vorgang wird Lernen genannt. Das gilt für den einzelnen Menschen ebenso wie für Gemeinschaften.» Obwohl die Zeitschrift bereits früher Hefte zu dem Thema herausgegeben hatte, ist diese Nummer ein gänzlich neuer Versuch, eine Beziehung dazu aufzubauen. So stützen sich die Berichte über die verschiedenen Volksnamen, Sprachen, über alte Legenden, traditionelle Wohnstätten, Sozialformen und Spiele, Feste u. v. m. ausschließlich auf Veröffentlichungen der ‹Native Americans›. Verallgemeinerungen werden gemieden, stattdessen wird bildreich die Diversität aufgezeigt. Es gibt in dem Kinderteil spannende Informationen, die auch viele Erwachsene überraschen dürften, zum Beispiel zu den ursprünglichen Eigennamen der Völker, die von europäischen Siedlerinnen und Eroberern nicht nur mit dem I-Wort ausgeblendet, sondern auch durch abwertende Bezeichnungen aus den indigenen Sprachen ersetzt wurden. Hier ist man manchmal verwirrt in dem Doppelheft, denn an einigen Stellen werden konsequent die ursprünglichen Eigennamen der nordamerikanischen Völker und an anderen die von den europäischen Siedlergruppen gewählten Namen für sie benutzt. Persönlich hätte ich mir die Konsequenz gewünscht, nur die Eigennamen zu benutzen, denn ich fand die Informationen dazu sehr spannend. Aber ich habe große Freude an der Ausarbeitung des Themas für Kinder und Erwachsene seitens des Waldow-Verlags und bin dankbar für die Demut und Lernbereitschaft, mit der die Redaktion auch eigene Kreationen überdacht hat. Nicht wenige Erwachsene fühlen sich bedrückt bei dem Gedanken, dass man ‹etwas nicht mehr sagen darf› oder darüber, wie man nicht verkopft mit den eigenen Kindern die gesellschaftlichen Sprengfeuer umrundet und konstruktiv Zugang findet. Die 132. Ausgabe von ‹Vorhang Auf› kann auf dem Weg Anregung und Hilfe sein. Sie lockert die eingefahrenen Vorstellungen und Angst vor der Selbstkritik auf, indem sie genau damit selbst vorangeht. Sie vermeidet es anzuklagen und sucht praktische Wege der Beziehung – inkonsequent, locker, doch authentisch und ernsthaft.


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