Was meine ich mit Tod?

Im Schlaf betritt der Mensch eine Welt, aus der er seinem Lebensleib die Kräfte zuführt, die den physischen Leib immer wieder zu erneuern bestrebt sind. Wenn diese Kräfte dennoch nicht mehr ausreichen, stirbt der physische Leib. – Im Tode betritt der Mensch eine Welt, aus der er sich die Kräfte holt, einen physischen Leib von Grund auf neu aufzubauen. An die Stelle der partiellen Erneuerung tritt eine totale.


Wie der Mensch einschläft, damit die teilweise Erneuerung Platz greifen kann, so stirbt der Mensch, damit eine gänzliche möglich werde. Und wie im Erwachen die partielle Erneuerung offenbar wird, so wird durch die Geburt des Menschen die totale offenbar. Noch umfassender als der Schlaf ist die geistige Welt mithin im Tode die Quelle des irdischen Menschenwerdens. Aus ihrer Fülle finden wir im einzelnen Menschenleben jeweils nur eine der vielen Möglichkeiten des Menschseins verwirklicht. Indem aber der einzelne Mensch die Erfahrungen, die er in seinem Erdenleben macht, vermöge seiner übersinnlichen Organisation durch die Pforte des Todes trägt und zusammen mit den Vorgängen und Wesen der geistigen Welt bearbeitet, gewinnt er einen sinnvollen Ausgangspunkt für ein neues Erdenleben. Eine andere – in der Regel entgegengesetzte – Möglichkeit des Menschseins, als sein voriges Erdenleben sie bot, wird so für ihn Wirklichkeit.


Aus Christof Lindenau, Die Entwicklung des Ich durch wiederholte Erdenleben. In: Der übende Mensch. Stuttgart 1981.

Grafik Sofia Lismont

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