«Liebt das Böse – gut!» – diese Zeile aus dem Gedicht ‹Brüder› gab Andrea Pfaehler für die ‹Faust›-Inszenierung als Motto aus.
Man solle, so rät Morgenstern in seinen Zeilen, sich daran erinnern, dass auch der Widersacher «einst aus Licht» gewebt wurde. Die Strophen enden mit dem Ausruf, «‹Brüder!› – Hört das Wort! Dass es Wahrheit werde – und dereinst die Erde Gottes Ort!» Es ist ein Ziel, das nicht größer ein könnte, und doch ist der Theatersaal der magische Ort, an dem es Wirklichkeit wird. In der ‹Faust›-Inszenierung ist dreimal Gottes Ort zu sehen: am Anfang, wenn Gott und die Engelscharen mit dem Teufel sprechen, zur Tiefe, zur Mitte, wenn im dunkelsten Verlies sich der Himmel für Gretchen öffnet, und zum Schluss, wenn sich das Versprechen erfüllt: «Wer strebend sich bemüht, den können wir erlösen.» Doch nicht nur die Handlung holt im ‹Faust› den Himmel auf die Erde. Es ist auch das Theater selbst, das seiner Natur nach ein Himmel auf Erden ist. Nicht anders als im Spiel der Kinder gehört zum Theaterspiel, dass es die ganze Welt ist. Da darf nichts und niemand außerhalb stehen. Das macht die Magie der Bühne aus – sie ist die ganze Welt. Wenn gilt, was so oft zitiert wird: «die Bretter, die die Welt bedeuten», dann sind auch der Himmel und all seine Bewohner auf der Bühne zu finden. Dann ist auf der Bühne der von Morgenstern besungene Ort Gottes.
Andrea Pfaehler während einer ‹Faust›-Probe. Foto: W. Held