Im Juli das Bild einer unbeschwert picknickenden Gemeinschaft auf dem Titelblatt einer Zeitung und darüber: «Wann werden wir wieder frei?» Zwei unterschiedliche Reaktionen stellen sich ein.
Vordergründig ein Verständnis für diesen Wunsch nach Begegnungen mit Menschen frei von äußeren Bestimmungen und Masken. Hinter diesem Vordergrund meldet sich ein anderer Gedanke, nimmt an Gewicht zu: Ist ein Mensch, der den äußeren Reglementierungen aus Einsicht folgt, der initiativ handelt und neue Möglichkeiten der Begegnung für sich und für andere entwickelt, weniger ‹frei›? Je stärker diese Frage nach der ‹Freiheit für› wird, desto mehr Menschen sehe ich, die jeden Tag aus freier innerer Haltung für andere arbeiten und agieren. Die Freiheit wird so zum Impuls, sich selbst zu verwandeln, um für den anderen Menschen handeln zu können. Das beschreibt Nelson Mandela 1979 in seiner Gefangenschaft: «Freiheit hat einen Sinn: dieselbe Freiheit auch für andere zu schaffen.»[1] Er erkennt nach seiner Freilassung, was er tun will: «beide, den Unterdrücker und den Unterdrückten, zu befreien».[2] Wie bedingen sich die ‹Freiheit von› und die ‹Freiheit für› im Leben? Was wir als äußere Einschränkung erleben, kann es innere Verwandlungen entzünden, kann es ‹Freiheit für› ermöglichen? Was wir als Mensch aus uns machen, daran misst sich dann unser Ringen um die Freiheit. Das spiegelt sich in der ‹Philosophie der Freiheit›: «Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnisse des fremden Wollens ist die Grundmaxime der menschlichen Freiheit.»
[1] Nelson Mandela, Robben Island, 2.6.1979.
[2] Ders., Der lange Weg zur Freiheit. 1994, S. 836.