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Die Übergänge sind es

Ich schlafe ein. Bis zum Aufwachen wird meine Seele in der geistigen Welt sein. Da wird sie der führenden Wesensmacht meines Erdenlebens begegnen, die in der geistigen Welt vorhanden ist, die mein Haupt umschwebt, da wird sie dem Genius begegnen. […]


Die Flügel meines Genius werden herangeschlagen haben an meine Seele. Ob man eine solche Empfindung lebendig macht, wenn man an sein Verhältnis zum Schlafe denkt, oder ob man es nicht tut, davon hängt sehr, sehr viel ab in Bezug auf die Überwindung des materialistischen Lebens. (Rudolf Steiner, GA 175, 20.2.1917)

Schon im alltäglichen Bewusstsein erlebt man den Wechsel von Tag und Nacht als inspirative Zeiten. Am Abend, so schreibt Shakes­peare, schöpft man den Rahm des Tages. Und für den Morgen dichtet Goethe: «Alles war erquickt, mich zu erquicken.» Die Tagung ‹Seelenmut und Selbst-Verwandlung an der Schwelle› widmet sich diesen Übergängen. Im Großen sind es Geburt und Tod, der Weg des Geistes in den Leib und aus dem Leib heraus. Dabei ist die Seele die Vermittlerin. Sie ist es, die das Neugeborene empfängt, und sie ist es, die sich am Ende des Lebens vorbereiten muss auf den neuen Schwellenübertritt.

In unserer Zeit werden beide Schwellen Technologien ausgesetzt, sie scheinen beherrschbar zu werden. Und doch erleben wir, dass sich bei beiden Schwellenübergängen weit mehr vollzieht als ein äußerer Vorgang: Erwartung, Bewunderung, Freude prägen die Umgebung bei der Geburt eines Kindes; Unsicherheit, Furcht und Schmerz prägen die Stimmung im Angesicht des Todes. Bei der Geburt eines Menschen lachten alle, nur einer weine, während beim Tod alle weinten, nur einer lache – so notiert es der Schriftsteller John Keats. Im täglichen Einschlafen und Aufwachen erfahren wir ein Abbild dieser beiden Schwellen, sie lassen uns üben, den Übergang vom Geistigen ins Irdische und vom Irdischen ins Geistige bewusster zu gestalten. So erscheint es als eine Zeitaufgabe, die Seelenstimmung zu finden und zu kultivieren, die den beiden Schwellen gerecht wird. Dem ist die Tagung gewidmet. Johannes Kühl folgt dabei Rudolf Steiners Hinweis in dessen letzten Mitgliederbrief, man solle eine Beziehung zur Übernatur entwickeln. Dabei sei die Nacht die unmittelbarste Form, in der man in ein Verhältnis zu dieser höheren Sphäre trete.


Foto: Sofia Lismont

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