Ich sitze im Konzert und höre die Musik. Ich erlebe sie in mir. Ich bin berührt, obwohl keine besonderen physischen Partikel zu mir kommen, sondern nur Wellen, die sich in der Luft verbreiten.
Wellen sind an sich nichts anderes als rhythmische Bewegung. Was ich höre, ist kein bloßer Lärm, sondern Zusammenklang. Es hat zeitliche Strukturen, die sich, durch das Bewusstsein des Komponisten, der Musiker und der Zuhörenden bis in die Einheit des Kunstwerks zusammenfinden. Die Musik hat mich berührt: Sie hat meine innere Stimmung und meine gesamte Befindlichkeit verändert und dadurch mein Atmen, meinen Blutdruck und viele chemische Prozesse in meinem Körper beeinflusst.
Materie – so sagt das Prinzip des Welle-Teilchen-Dualismus in der Physik – kann sowohl als Teilchen wie auch als Wellen betrachtet werden. Wenn man sich in der Meditation für die Perspektive der Wellen entscheidet und sich diese Wellennatur der Materie vergegenwärtigt, dann leuchtet ein, wie alles zusammenhängen kann – «Wie alles sich zum Ganzen webt, / Eins in dem andern wirkt und lebt» (‹Faust 1, Nacht›). Die Wellen der Natur sind sicherlich nicht nur Lärm, sondern auch Musik, Zusammenklänge; davon zeugt die vielgestaltige Harmonie der Welt. Makro-Musik bei den Planeten und Gestirnen, Mikro-Musik bei den Zellen und Molekülen. Eine alles durchdringende Musik, an der wir Menschen, auch als Komponisten, Musikanten, teilnehmen. Ist die ökologische Frage nicht auch eine musikalische?
Titelbild: Illustration zu Gedächtnis des Wassers Adrien Jutard