In die festliche Stimmung an der Landwirtschaftlichen Tagung am Goetheanum ist viel Substanz eingeflossen, die sich die Beitragenden während Jahrzehnten in der realen Land-Wirtschaft (wie die Tagung hiess) errungen haben.
Unternehmensgründung, Wachstumskrisen, Umbrüche in der Erwartung der Konsumenten, Generationenwechsel: Diese existenzielle Substanz wurde mit einer großen Offenheit von den einen gebracht und von den anderen entgegengenommen. Ich meine, dass aus dieser Praxisforschung das Wesentliche für die sich jährlich erneuernde Erkenntnissubstanz der Sektion entsteht.
Vielleicht kann man es mit dem kosmisch-irdischen Kräftewirken der im Winter vergrabenen Kuhhörner vergleichen, wo aus dem in das Horn gestopften Mist durch Verwandlung Hornmist wird. Wird der Hornmist im Frühjahr gerührt und ausgespritzt, kann man mit diesem ‹geistigen Mist› eine sehr große Fläche düngen.
In der Woche nach der Landwirtschaftlichen Tagung begegnen sich viele der Teilnehmer wieder an der Weltmesse Biofach in Nürnberg. Die Messehallen quellen von Besuchern über, die neusten Zahlen machen die Runde: 90 Milliarden Euro groß ist inzwischen der Welt-Biomarkt. Bei einem Meeting besprechen wir die nächsten Schritte für das assoziative Wirtschaften in der Verschwisterlichung mit den biodynamischen Produkten. Einer von uns stellt die herausfordernde Frage: Kann das, was wir am Goetheanum erarbeitet haben, diesen großen Markt durchkraften, ähnlich wie das Hornmistpräparat einen großen Acker düngen kann? Wäre das Goetheanum wie ein vergrabenes Kuhhorn, wo die gelebte Lebenssubstanz verwandelt wird und dann kräftig in das Getriebe unserer Zivilisation ausstrahlen kann?
Ueli Hurter während der internationalen Jahrestagung der Landwirtschaftlichen Sektion 2019 am Goetheanum
Foto: Xue Li