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Geometrie der Seele

Wer nachdenkt, fasst sich gern an Kinn oder Nase, knetet die Lippe oder fährt über die Stirn. Niemand käme auf die Idee, das Gleiche mit dem Ohr zu tun. Warum?


Weil die Hand dorthin zieht, wo die Symmetrieebene des Körpers links und rechts trennt. Man stellt sich in die Ebene des Denkens, denn der Gedanke ist es, der links von rechts scheidet. Ganz anders, wenn man etwas einzuschätzen versucht, wenn nicht der Gedanke, sondern die Empfindung zählt. Jetzt werden die Augen schmaler, vielleicht stellt man die Hand pendelnd in die Luft oder wiegt mit den Schultern. Das Meer ist das Bild für diese zweite Ebene, die oben und unten, hell und dunkel trennt. In der Horizontalebene beheimatet sich das Gefühl. Und dann ist noch die Ebene, die wenig bewusst ist, die Ebene, die vorne und hinten unterscheidet. Der Hund, der vor dem Satz nach vorne erst ein wenig zurückweicht, der Redner, der sich nach einem Statement zurücklehnt, so kann der Gedanke frei vor ihm stehen. Was sich so als ‹Geometrie der Seele› denken lässt, dem spürt Jean-Michel Florin in seinem Beitrag über die elementare Welt in der Landschaft innerlich nach.


Siehe dazu ‹Die drei kosmischen Ebenen und der Tierkreis› in Rudolf Steiner: ‹Der Mensch, eine Hieroglyphe des Weltalls›, GA 201

Titelbild: Der Horizont ist Berührungssphäre von Kosmos und Erde, beide greifen in tausendfacher Weise in einander über, sind verwoben und verschwimmen. Horizontstudien, Nina Gautier, Fotografie, 2019

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