Eine Ehekrise, die zu einer existenziellen Krise wird, ein Mensch, der geisteskrank wird, weil er sein Streben nach Wahrheit gegenüber dem Machtstreben nicht aufgeben wird … Während 21 Monaten haben sich die Studenten, sowie Ehemalige und Gäste der Sprachgestaltungsausbildung Amwort (Dornach) mit dem Stück ‹Der Vater› von August Strindberg auseinandergesetzt. Nach einer Tournee in Deutschland und in der Schweiz und einem Gastspiel in Georgien wurde die Dernière bei der Sprachtherapietagung am 27. Oktober im Grundsteinsaal des Goetheanum aufgeführt. Gespräch mit Valerian Gorgoshidze (Regisseur) und Agnes Zehnter (Studiengangsleiterin von Amwort).
Was bedeutet es, sich fast zwei Jahre mit einem Stück zu beschäftigen?
Valerian Gorgoshidze Einerseits hatten wir für die Studenten eine vertiefte Erfahrung im Dramabereich als Zielsetzung. Wie Rudolf Steiner im ‹Dramatischen Kurs› sagt, kann man erst beim 50. Mal sagen, dass es nicht mehr eine Probe ist, vor dem Publikum zu spielen. Andererseits sind wir auf der Suche nach einem Mysterientheater, das die Zuschauer unmittelbar und nicht von der Wolkenhöhe aus ansprechen kann, eines, das von etwas Innerem, in der eigenen Seele Bekanntem erzählt und dem eine neue Perspektive, eine Möglichkeit der Entwicklung schafft.
Wie hat euch das verändert?
Gorgoshidze Bei der Dernière entstand ein besonders tiefer inniger Dialog zwischen der Bühne und dem Zuschauerraum. Wir konnten beobachten, wie die Sprache auf der Bühne gewachsen ist und wie viel es für ein Konversations- bzw. psychologisches Drama bedeutet, wenn das Wort vom Sprecher ergriffen wird und der Satz eine Gebärde bekommt.
Wie geht es der Ausbildung Amwort?
Agnes Zehnter Wir feiern 2019 unser zehnjähriges Bestehen. Ab November dieses Jahres bieten wir eine modulare dreijährige Weiterbildung in Pädagogischer Sprachgestaltung. Ab August 2019 wird es einen neuen Studiengang in Therapeutischer Sprachgestaltung sowie eine Weiterbildung für Logopäden geben. Und die Proben des nächsten Schauspielprojektes sollen im September 2019 beginnen.
Noch ein Wort über die Wichtigkeit der Sprachgestaltung heute?
Zehnter Besonders im Zeitalter der digitalen Medien birgt die Sprachgestaltung ein riesiges Potenzial zur Menschwerdung: Rainer Patzlaff spricht in seinem neuen Buch ‹Sprache. Das Lebenselixier des Kindes› von epidemisch auftretenden Sprachentwicklungsstörungen im Vorschulalter; 25 Prozent der Schulanfänger heute haben Sprachauffälligkeiten, das Familienleben verstummt durch Fernsehen und elektronisches Spielzeug. Die Fähigkeit zuzuhören, zu erzählen, Argumente gegeneinander abzuwägen und rational zu entscheiden, geht langsam verloren. Durch Sprachgestaltung können wir leibgestaltend wirken, die Chemie des Blutes verändern, unsere Seelen kräftigen, Geistesgegenwart üben, ja, Unhörbares hörbar machen!